Ich bin als Soft- und Hardware-Entwickler überzeugter Anhänger des Prinzips "Keep it simple, stupid!" (Halte es einfach, Depp!). Dieses Prinzip gilt auch für die Politik, denn komplexe Gesetze sind genauso undurchschaubar wie komplexe Programme. Und die Folge undurchschaubarer Gesetze sind deshalb auch die gleichen: Unwartbar, Fehler ohne Ende, Kosten ohne Grenzen, Unzufriedenheit. Deutschlands Gesetzestexte, die selbst im Feinstdruck ganze Regale füllen, können es im Umfang locker mit Windows aufnehmen - und Bugs sind wohl noch viel mehr drin, weil es eine systematische Fehlersuche bei Gesetzen nicht gibt. Deshalb: Ohne radikale Vereinfachung wird das nie gut.
Vorschläge wie diese sind natürlich in unserem derzeitigen politischen System der machtgeilen und korrupten Politiker nicht durchsetzbar, aber wer hält dieses System denn für erhaltenswert?
Die Steuern und Abgaben eines Staates erfüllen grob vereinfacht diese Aufgaben:
Ich schlage deshalb zwei Steuern vor, die jeweils genau eine dieser beiden Aufgaben erledigen (wer nachrechnen will, findet die zusammgefassten Daten beim Bundesamt für Statistik):
Zur Umverteilung gibt es eine einheitliche Lohn- und Einkommensteuer. Sie fällt auf sämtliche Einnahmen und Gewinne an, also Lohn, Miet- und Zinseinnahmen, Dividenden, Erbschaften, und so weiter, ohne Ausnahmen. Diese Einkommensteuer wird komplett als "Bürgergeld" gleichmäßig aufgeteilt an alle Bürger wieder ausgeschüttet. Ein Satz von 30% gibt dann um die 650¤ pro Monat und Bürger (vom Bruttosozialprodukt aus gerechnet - vom Volkseinkommen wären es etwa 500¤).
Zur Erledigung der eigentlichen Aufgaben des Staates, also zur Verwaltung, zur Bereitstellung von Infrastruktur, Bildung, Gesundheitswesen und so weiter dient die Mehrwertsteuer. Beim derzeitigen Stand der Kosten (Staatsausgaben plus Gesundheit) kommen wir auch hier auf einen Satz von ungefähr 30%.
Der Einfachheit halber werden diese Steuern normalerweise nur von Gewerbebetrieben eingezogen; eine Steuererklärung für den Normalbürger erübrigt sich daher meistens, ebenso wäre ein rein privates Beschäftigungsverhältnis steuerfrei (das ist auch jetzt so, nur heißt es jetzt "Schwarzarbeit").
Natürlich kann man bei bestimmten besonders gesellschafts-"schädlichen" oder -"nützlichen" Verhaltensweisen noch Extra-Steuern und Abgaben erheben (z.B. gesundheitsschädliche Produkte wie Tabak und Alkohol, oder auch Mineralölsteuer+Ökosteuer für Verkehrsinfrastruktur und Unfallkosten), oder auch mit entsprechend niedrigeren (z.B. Grundnahrungsmittel). Und natürlich provoziert ein solches Bürgergeld Lohndumping. Deshalb ist eine Mindestabgabe pro Arbeitnehmer sinnvoll (die könnte man z.B. für die Gesundheitskosten verwenden).
Die Staatsausgaben umfassen heute auch einen großen Posten "Umverteilung", als Sozialausgaben zusammengefasst. Und Zinszahlungen für Kredite aus der Vergangenheit. Ein Teil der Sozialausgaben wird auch weiterhin erfolgen müssen, um die zu entschädigen, die ihr Leben lang eingezahlt haben, und nach der radikalen Vereinfachung erheblich weniger bekommen würden.
Der Gesamtumsatz des Konzerns wird in Relation zum Inlandsumsatz gesetzt. Dieses Verhältnis wird auch auf den Gewinn angesetzt. Nur der im Inland erwirtschaftete Gewinn (dem Verhältnis entsprechend) muss unbedingt hier versteuert werden. Entsprechend können natürlich auch nur Investitionen und Verlustvorträge im Inland abgeschrieben werden. Konzerntöchter werden entsprechend der Beteiligung zum Konzern hinzugerechnet. Wer durch Kreuzverflechtungen eine Doppelbesteuerung spürt, möchte sich bitte entflechten.
Auch unsere Verfassung ist übel zugerichtet worden. Schon am Anfang, als Bayern und Nordrhein-Westfalen die "konkurrierende Gesetzgebung" erfunden haben. Aber auch, als nach der Wiedervereinigung die gebotene Verabschiedung der Verfassung durch das Volk versäumt wurde. Dieser "Staatsstreich" der Parteien muss natürlich irgendwann rückgängig gemacht werden. Der Souverän, also das Volk, muss sich selbst eine Verfassung geben.
Demokratie ist eine Utopie, die an den Defiziten der Menschen genauso scheitert wie andere Utopien (man nehme freie Marktwirtschaft oder den Kommunismus). Die richtige Antwort auf das Scheitern dieser Utopien ist nicht zu verzagen (wie man das nach dem Ende des Kommunismus gemacht hat - und auch im Westen auf einmal den Sozialstaat für überflüssig hält), sondern den Ansatz so lange zu verbessern, bis er funktioniert.
Die Idee der Partizipation ist auch dann richtig, wenn die Leute schlecht informiert sind, und sich deshalb korrupte, machtgeile "Eliten" breit machen können, die dann die Leute gezielt verdummen, um an der Macht zu bleiben. Es muss dieser Tendenz eben entgegengewirkt werden.
Eine neue Verfassung muss sich natürlich an den grundsätzlichen Prinzipen "guten Regierens" halten, die unsere Politiker gerne von Despoten der dritten Welt einfordern, aber ungerne auf sich selbst angewendet sehen wollen:
Menschenrechte sind unteilbar und unveräußerlich. Menschenrechte können auch nicht so einfach gegen Sicherheit und Wohlstand "eingetauscht" werden - wer seine Freiheit aufgibt, verliert auch schnell Sicherheit und Wohlstand. Die Freiheit und Rechtsstaatlichkeit haben Vorrang vor der Diktatur der Mehrheit. Die Menschenrechte gelten selbstverständlich unmittelbar, nicht nur als "mittelbare Abwehrrechte" gegen den Staat. Man kann Folter nicht outsourcen.
Demokratie bedeutet Mitwirkung auf der Ebene, auf der das am besten möglich ist. Ein demokratischer Staat braucht eine klare Aufgabenverteilung, die dem Prinzip der Subsidarität folgt: Entscheidungen müssen auf der richtigen Ebene gefällt werden. Diese Ebenen müssen mit einem angemessenen Budget versehen werden. Eine Verhandlung zwischen den Ebenen muss sich auf das Notwendige beschränken (etwa die Verteilung der Mittel und der Aufgaben).
Parteien und Politiker sind Organisationen und Repräsentanten, auf die Aufgaben delegiert werden. Sie sind nicht Maß aller Dinge, sondern dem Souverän untergeordnet. Korruption bedroht die Ordnung ebenso wie Terror, und ist dementsprechend zu bekämpfen.
Sozialstaat bedeutet grundsätzlich "Ein jeder nach seinen Bedürfnissen, ein jeder nach seinen Fähigkeiten." In einer Überflussgesellschaft wie der unseren bleibt nach der Erfüllung der Bedürfnisse der Bedürftigen mehr als genug für die Fähigen übrig. Das Recht auf Bildung und das Recht auf ökonomische Selbstständigkeit sind ebenso Grundpfeiler eines Sozialstaats wie Almosen für die, die dazu nicht in der Lage sind.
Die Gewaltenteilung ist ernst gemeint, und erfordert ein hohes Maß an Unabhängigkeit der verschiedenen "Gewalten" voneinander. Regierungen, die Gesetze per Fraktionszwang von Parlamenten abnicken lassen und auf der anderen Seite Richter ernennen, haben mit Gewaltenteilung nicht viel zu tun.
Eine Kontrolle der Arbeit eines Staates ist nötig. Auch Behörden müssen effizient, effektiv und ergebnisorientiert arbeiten. Wer Dienste für die Allgemeinheit erbringt, die von der Allgemeinheit bezahlt werden, muss sich auch einer institutionalisierten, öffentlichen Qualitätskontrolle unterziehen lassen (auch z.B. Ärzte im Gesundheitswesen). Wer für den Staat in einem besonderen Vertrauensverhältnis arbeitet (höhere Beamte, Geheimdienstangehörige, obere Militärs) steht in einem Interessenskonflikt, und kann deshalb nicht Abgeordneter werden.
Das Minimalismus-Prinzip muss der sich von selbst ergebenden ausufernden Komplexität entgegengestellt werden. Gesetze können nur befolgt werden, wenn sie bekannt sind und verstanden werden. Gesetzestexte und Kommentare, die im Dünndruck ganze Regale füllen, sind weder bekannt, noch werden sie verstanden.
Konfuzius sagt: Wenn das Volk kein Vertrauen in die Regierung hat, ist das Regieren unmöglich.